Noch Fragen?

Ein Mann schreibt ein israelkritisches Gedicht – und in Deutschland spannen sich die Stränge, die die ohnehin fragilen Wanden demokratischer Grundsätze bislang hielten, bedenklich. Pressefreiheit? Meinungsfreiheit? Kulturpluralismus? Wie es scheint nur, solange es nicht gegen die israelische Außenpolitik geht.
Erschreckendstes Zeugnis deutscher Scheinheiligkeit, was Demokratie und Pluralismus betrifft, ist wohl der Schulterschluss mit offen rechtsradikalen, rassistischen und radikal-prozionistischen Gruppierungen, der momentan quer durch die politische Landschaft und vor allem bei öffentlichen Vertretern des jüdischen Lebens in Deutschland zu beobachten ist. Ob sonst so geschätzte Köpfe aus Kunst und Kultur wie Marcel Reich-Ranicki oder die soeben noch Bundespräsidentschaftskandidatin Beate Klarsfeld und sogar der deutsche Außenminister Guido Westerwelle – alle reihen sie sich ein in einen Duktus, den man sonst in seiner ganzen Kompromisslosigkeit, Unduldsamkeit, Härte und somit Radikalität eigentlich nur von bedingungslos antiislamisch-proisraelischen Hetzplattformen wie Politically Incorrect kennt.

Die Betreiber des Portals, die sich offen volksverhetzend betätigen, wird’s freuen. Und vielleicht wird in der Debatte um Günter Grass‘ Gedicht klarer denn je, warum diese Hetzpostille bislang völlig unbehelligt im Internet ihren Hass und ihre einseitig-verzerrenden Darstellungen, in denen Israel stets die Inkarnation des Guten und alle, die etwas gegen seine Politik sagen oder es gar wagen, sich dagegen als unmittelbar Betroffene aktiv zur Wehr zu setzen, das Böse verkörpern, verbreiten darf:

Quelle: Politically Incorrect -  "grassfuehrer".
Quelle: Politically Incorrect - "grassfuehrer".

Noch Fragen?

Dass eine Scheindemokratie wie Israel – mehr, muss man zum Leidwesen insbesondere der israelischen Bevölkerung sagen, ist es nicht -, in der rassistische Anschauungen und offen zur Schau gestellte Menschenverachtung zum politischen und gesellschaftlichen Alltag gehören, derart auf einen Angriff auf ihr ureigenes Selbstverständnis, zudem noch aus Deutschland, reagiert, war nicht anders zu erwarten. Die Erklärung Grass‘ zur Persona Non Grata entspricht ähnlichen Reaktionen auf Widerstand und Kritik aus den eigenen Reihen wie etwa Schikanen gegen arabische Oppositionelle, Inhaftierung von Menschen wie Mordechai Vanunu über mehr als 25 Jahre, der 1986 Details über das israelische Atomprogramm an die Öffentlichkeit brachte oder Einreiseverbote für Israel-Kritiker wie Norman Finkelstein („Holocaustindustrie“, „Palästina“). Norman Finkelstein ist wohlgemerkt Jude und hatte mit den Nazis nie etwas am Hut. Im Gegenteil, seine Eltern litten im Krakauer Getto und überlebten die Lager.

Hieran sieht man auch, dass die Art und Weise, wie Israel das Einreiseverbot für Grass begründet, rein populistischen Zwecken dient: Man erklärt Grass quasi rückwirkend zum Nazi, zum SS-Schergen – dabei wäre dies überhaupt nicht nötig gewesen, ein solches Verbot zu legitimieren. Verlieren kann dabei allenfalls einer: Israel. Die Reaktion ist an Populismus und politischer Unreife nicht zu überbieten – wie nicht zuletzt auch Leute aus den eigenen Reihen finden. Kritik daran gab es unter anderem von Haaretz-Journalist Gideon Levi und dem ehemaligen israelischen Botschafter in Deutschland, Avi Primor.

Wie bereits angesprochen: Von einem System wie dem derzeitigen israelischen kann man beinahe nichts anderes erwarten – allenfalls von mutigen Einzelpersonen des öffentlichen Lebens (und die gibt es!). Ein System, das die Zeit – mit kurzen Phasen des Tauwetters – seit mehr als 60 Jahren anhält, das sein Volk zwanghaft in der Vorstellung hält, es sei von blutrünstigen, mordlüsternen Feinden umgeben, die es – in Nazimanier – auslöschen wollten und seine gesamte Innen- und Außenpolitik auf dieser Vorstellung aufbaut, ist geradezu dazu verdammt, diesen Mythos vom allseits bedohten Opfer aufrechtzuerhalten, um sich selbst nicht die Daseinsberechtigung zu nehmen. Dass dazu immer wieder das außer Frage stehende jüdische Trauma des Nationalsozialismus bemüht wird, erklärt sich aus sich selbst heraus.
Von Deutschland aber, einer an sich zumindest im Vergleich zu Israel oder dem Iran relativ gefestigten Demokratie, hätte man anderes erwarten MÜSSEN. Man hätte erwarten können müssen, dass dieses Land zumindest die öffentliche Schmähung eines anerkannten Künstlers als Nazi und Antisemit klar verurteilt. Von Deutschland (und anderen Nationen auch) hätte man erwarten dürfen müssen, dass sie die israelische Maskerade nicht billigen. Leider wiegen politische Interessen schwerer, und deshalb bedient man sich des israelischen Opfermythos.
Das war schon immer so – wie unter anderem die zahllosen Waffengeschäfte mit Schurken und Despoten in der Vergangenheit zeigte. Sind wir oder ist Israel wirklich so viel besser als der Iran? Der Iran liefert Waffen an Hamas und das Regime in Syrien, wir liefern Waffen an Despoten wie Saddam Hussein, Mohammed El-Gaddafi und wer weiß sonst noch wen – nicht zuletzt an ein Land wie Israel, das damit seinen Status als drakonische Besatzungsmacht im Nahen Osten manifestiert und dadurch Zigtausende von Menschen in den vergangenen 50 Jahren tötete – um dann öffentlich bei Eskalationen eben diese Gewalteruptionen zu geißeln.

Noch Fragen?

0 Gedanken zu „Noch Fragen?“

    1. Was soll uns dieser (zudem unter Zweitidentität abgegebene) Kommentar sagen? Warum riecht es eigentlich ausgerechnet aus der Ecke derer, die uns angeblich vorm Neofaschismus bewahren wollen, so verdammt nach Niedertracht und Unaufrichtigkeit? Ein Armutszeugnis. Da kann man nur hoffen, dass sich da bald mal glaubwürdigere Protagonisten aufraffen.

      1. Die Zuschreibung meiner persönlichn Zeilen an Dich an andere (wer ist denn diese Blase?) ist nicht nur Schade, nein, es ist auch ein wenig undankbar,

        Dein Günter Grass

        1. Günter Grass nimmt mit Sicherheit keine linksextremen Hinterhofpinkler in Schutz – so wie b.ladder, der komischerweise bis auf die letzte Zahl immer die gleiche IP-Adresse hat wie dein (ziemlich mieserables) Grass-Double. Also leg ne andere Platte auf, mein inkontinenter kleiner Freund.

  1. Liebe Jane,

    vielleicht solltest Du mit mir direkt Kontakt aufnehmen? Du hast die richitge Denke für eine junge Deutsche (Du bist sicher in etwa dem gleichen Alter wie ich damals, in der Organisation..) – den Wunsch nach einem Interview könnte ich da kaum abschlagen.

    Dein Günter Grass

    1. Werter Schmierenkomödiant,

      Schämen Sie sich eigentlich nicht, als ich hier aufzuschlagen? Schließlich lag ich wegen ignoranten Subjekten wie Ihresgleichen tagelang in der Klinik und bin erst seit heute wieder daheim, aber Zeitung lesen solch Kleingeister wie Sie wahrscheinlich nicht.

      Organisieren Sie lieber eine Nachttanzparty und entleeren Sie sich mal kräftig, da schaden Sie wenigstens niemandem

      Hochachtungsvoll,
      Ihr Günter Grass

  2. Die Deutschen haben sich wieder einmal als wahre freunde Friedliebender Nationen in dieser Welt gezeigt, Danke!
    Da werden Waffen an das einzige “Demokratische Land” im Nahen Osten, geschickt im Namen des Volkes und mit Steuergelder finanziert.
    Da vergleicht eine B.Klarsfeld, Grass mit Hitler, diese Frau sollte sich lieber um die Kriegsverbrecher der Neuzeit kümmern, die aus den USA und Israel kommen. Wenn sie als Höhepunkt, zum ende Ihres Leben wirklich auch noch eine Leistung für den Frieden und gegen Ungerechtigkeit unternehmen würde, müsste Sie jetzt diese Leute Bekämpfen. Aber eine Klarsfeld kann auch nicht über Ihren Schatten springen, Israel und die USA haben immer recht und im Rücksack verpackt Deutschland, Großbritannien und all die anderen Länder die versuchen die wabre Demokratie in die Welt zu tragen, koste es was es wolle.

    Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, Dein Demokratie Verständnis zu hinterfragen “Naziaufmärsche muss eine Demokratie verkraften”.
    Wie sieht es mit einem Gedicht aus, aus allen Richtungen der Politik wurde mit Angriffen und Beleidigungen vorgegangen. Wo bleibt bei diesen Demokratischen Politikern ihr Verständnis zur Demokratie.
    Marcel Reich Ranicki nennt das Grass Gedicht “Ekelhaft”. Es fehlt nur noch der Aufruf zur Bücherverbrennung der Werke von Grass.

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